Azure Governance mit CAF Govern: Sicherheit, Kosten & Compliance im Griff
Der Praxis-Guide für die Govern-Phase des Microsoft Cloud Adoption Frameworks: Team, Risiken, Richtlinien, Azure Policy & Automatisierung, FinOps, Daten- und KI-Governance mit Best Practices und Beispielen.

Einleitung
Die Govern-Phase im Microsoft Cloud Adoption Framework (CAF) sorgt dafür, dass Azure-Nutzung kontrolliert, nachvollziehbar und regelkonform abläuft.
Governance bedeutet in diesem Zusammenhang eine gute Mischung aus Organisation und Technik. Dazu gehören klare Verantwortlichkeiten, feste Regeln, automatische Überprüfungen und laufendes Beobachten der Umgebung. Es sollen Leitplanken aufgestellt werden damit Themen wie Sicherheit, Einhaltung von Vorschriften und Kostenkontrolle miteinander in Einklang gebracht werden können.
Einordnung der Govern-Phase
Die Govern-Phase begleitet alle CAF-Phasen (Strategy, Plan, Ready, Adopt, Manage) und wird entsprechend dauerhaft als Steuerungsinstrument genutzt. Der wesentliche Ablauf der Govern-Phase kann folgendermaßen unterteilt werden:
- Ein Governance-Team wird zusammengestellt, das für die Regeln und deren Einhaltung verantwortlich ist.
- Risiken in der Cloud werden eingeschätzt, zum Beispiel zu Kosten, Sicherheit oder Datenverlust.
- Auf Basis dieser Bewertung werden Richtlinien festgelegt und dokumentiert.
- Diese Richtlinien werden, kontinuierlich automatisch überprüft und durchgesetzt.
- Die Cloud-Governance wird überwacht und bei Bedarf angepasst.
Am Anfang reicht eine einfache Basis, die nach und nach basierend auf klaren Kennzahlen verbessert wird. Für den Beginn können Sie sich an den folgenden Grundprinzipien orientieren:
- Zuerst beobachten, wenn das Risiko gering ist.
- Blockieren, wenn etwas eindeutig nicht erlaubt sein darf.
- Regeln als Policy as Code umsetzen, sodass Richtlinien reproduzierbar und nachvollziehbar bleiben.
In unseren bisherigen Blog-Beiträgen dieser Blog-Reihe haben wir stetig die einzelnen Handlungsfelder der einzelnen CAF-Phasen erarbeitet. Entsprechend ist in der folgenden Abbildung die einzelnen Handlungsfelder der Govern-Phase dargestellt.
Aufstellen eines Governance-Teams
Ein wirksames Governance-Team ist klein, cross-funktional und mit einem klaren Mandat ausgestattet. Es vereint Fachleute aus Cloud-Architektur, Sicherheit, Betrieb, FinOps, Daten- und KI-Governance sowie Compliance und Recht. Die Leitung übernimmt ein Executive Sponsor auf C-Level (z. B. CIO, CTO oder CISO), der das Mandat gibt, Eskalationswege klärt und die Sichtbarkeit im Unternehmen sicherstellt.
Das Governance-Team trägt die Verantwortung für den Policy-Katalog, betreibt das Risikoregister, priorisiert Maßnahmen und berichtet regelmäßig über Fortschritte. Damit wird gewährleistet, dass Governance nicht nur auf dem Papier existiert, sondern aktiv gesteuert und verbessert wird.
Typische Rollen im Governance-Team sind:
- Governance Lead: Gesamtverantwortung, Rahmenwerk und Policy-Katalog, Reporting, Leitung des Governance Boards.
- Cloud Platform Owner: Verwaltung der Management-Gruppen, Aufbau von Landing Zones, Zuweisung von Policies, Automatisierung über Pipelines.
- Security Lead: Umsetzung von Sicherheitsrichtlinien, Nutzung von Defender for Cloud, Identity- und Zugriffskontrollen, Bedrohungsmodellierung, Abbildung regulatorischer Anforderungen.
- FinOps Lead: Steuerung von Budgets und Forecasts, Erkennung von Kostenanomalien, Nutzung von Reservierungen und Savings Plans, Verrechnung über Showback/Chargeback.
- Data Governance Lead: Klassifizierung und Schutz von Daten, Data-Lifecycle-Management, Data Loss Prevention.
- AI Governance Lead: Sicherstellung von Responsible AI, Kontrolle von Content Safety, Absicherung von KI-gestützten Workloads, Durchführung von Red Teaming.
Ein wichtiges Organisationsprinzip ist dabei, dass plattformweite Richtlinien zentral auf Management-Group- oder Subscription-Ebene gesetzt werden. Workload-Teams sind dagegen für die Umsetzung und Einhaltung der Richtlinien in ihrem spezifischen Bereich verantwortlich. Nur so lassen sich Doppelzuständigkeiten und Policy-Drift vermeiden.
Bewerten von Cloud-Risiken
Die Bewertung von Risiken in der Cloud beginnt mit einer vollständigen Inventarisierung. Dazu gehören alle Ressourcen im Azure Portal, Abfragen über den Resource Graph sowie Artefakte aus CI/CD-Pipelines oder Skripten. Auf dieser Basis wird ein workload-unabhängiger Risikokatalog aufgebaut, der typische Bedrohungen und Schwachstellen beschreibt.
Zur Ermittlung konkreter Befunde stehen mehrere Azure-Werkzeuge bereit:
- Defender for Cloud liefert Hinweise zu Sicherheitskonfigurationen und Bedrohungen.
- Azure Advisor empfiehlt Optimierungen in den Bereichen Kosten, Sicherheit, Performance und Verfügbarkeit.
- Entra ID Secure Score bewertet Identitäts- und Zugriffsrichtlinien.
- Purview unterstützt bei der Klassifizierung und Kontrolle sensibler Daten.
- Cost Management zeigt Kostenrisiken und Auffälligkeiten auf.
Die Priorisierung erfolgt in der Regel durch eine Multiplikation von Wahrscheinlichkeit × Auswirkung
.
Optional kann die Auswirkung monetär berechnet werden, etwa über die Annualized Loss Expectancy (ALE).
So entsteht eine objektivere Grundlage, um Risiken einzuordnen.
Jedes Risiko sollte zusätzlich mit einem Owner verknüpft werden, der für die Bearbeitung verantwortlich ist. Um Risiken strukturiert zu reduzieren, kann folgende Methodik verwendet werden:
- Vermeiden durch Änderung des Designs,
- Reduzieren durch zusätzliche Kontrollen,
- Übertragen durch Versicherung oder externe Verträge,
- Akzeptieren mit dokumentierter Freigabe.
Dokumentieren von Governance-Richtlinien
Governance-Richtlinien (Policies) sind präzise Soll-Vorgaben, die beschreiben, was in der Cloud-Umgebung erlaubt, erforderlich oder untersagt ist. Sie bilden die Grundlage für technische Kontrollen, sind aber selbst noch keine JSON-Ausdrücke oder Implementierungen.
Jede Policy sollte klar und nachvollziehbar strukturiert sein. Typische Bestandteile sind dabei:
- ID: Eindeutige Kennung der Policy
- Kategorie: Zuordnung, z. B. Sicherheit, Kosten oder Daten
- Bezug zum Risiko: Verknüpfung mit einem Eintrag aus dem Risikoregister
- Statement: Präzise Vorgabe, formuliert als muss, soll oder darf nicht
- Purpose: Zweck der Policy, also warum sie existiert
- Scope: Geltungsbereich, z. B. Management Group, Subscription oder Ressourcentyp
- Monitoring: Festlegung, wie die Einhaltung überprüft wird
- Remediation: Vorgehen bei Verstößen – ob nur auditiert, automatisiert behoben oder blockiert
- Change-Prozess: Geregelte Änderungen, etwa über RFC-Verfahren, regelmäßige Reviews oder Event-basierte Anpassungen
Policies sind grundsätzlich workloadunabhängig formuliert, damit sie auf unterschiedliche Szenarien übertragbar bleiben. Ausnahmen müssen klar dokumentiert und genehmigt werden, um Wildwuchs und Policy-Drift zu vermeiden.
Ein zentrales Beispiel ist der Tagging-Standard. Damit Metadaten konsistent gepflegt werden, legt die Policy verbindliche Felder und zulässige Wertebereiche fest, wie zum Beispiel:
Tag | Zweck |
---|---|
Owner | Verantwortlichkeit |
CostCenter | Kostenallokation |
Environment | Lebenszyklus/Umgebung |
DataClass | Datenschutz & Controls |
BusinessUnit | Reporting/Showback |
AppName | Workload-Zuordnung |
Die Wertebereiche sind klar definiert und jede Abweichung oder Ausnahme muss ausdrücklich genehmigt werden. So lassen sich Verantwortlichkeiten, Kostenstellen und Datenklassifizierungen sauber nachvollziehen und technisch auswerten.
Durchsetzen der Richtlinien mittels Automatisierung
Der technische Kern der Govern-Phase ist Azure Policy. Richtlinien werden in der Regel oberhalb der Subscriptions an Management Groups zugewiesen, sodass sie sich automatisch vererben. Damit Richtlinien konsistent und übersichtlich bleiben, werden sie in Initiatives (Policy Sets) gebündelt.
Die Policy-Typen und Effekte sind dabei:
- Deny: blockiert Verstöße (z. B. Nutzung verbotener Regionen oder Ressourcentypen)
- Audit / AuditIfNotExists: meldet Abweichungen und ist ideal für den Start nach dem Prinzip Monitor-first
- DeployIfNotExists (DINE): stellt automatisch Vorgaben her (z. B. Diagnostic Settings, Private Endpoints)
- Modify / Append: ergänzt oder normalisiert Felder (z. B. Tags, TLS-Mindestversion)
Als Best Practice bei der Policy-Definition können sie folgendermaßen vorgehen:
- Definition Location: Richtlinien möglichst hoch in der Plattform-Hierarchie (z. B. Plattform-MG) ablegen.
- Parametrisierung statt Duplikate: Werte flexibel über Parameter setzen, statt Policies mehrfach zu definieren.
- Initiatives nutzen: Parameter zentral verwalten und Policies konsistent bündeln – so werden Doppelzuweisungen vermieden.
- Lifecycle beachten: Zuerst im Audit-Modus starten und Drift messen, anschließend schrittweise in Enforce (Deny/Modify) wechseln, mit klar geplanter Übergangsphase.
Richtlinien, Initiatives und Assignments sollten zudem in einem Repository versioniert und über CI/CD-Pipelines in Stages (Dev, Test, Prod) ausgerollt. Pull Requests und Code-Reviews können dabei sicherstellen, dass Änderungen kontrolliert und nachvollziehbar erfolgen. Die CI/CD-Pipelines können zusätzlich durch Linter, Dry-Runs und Reporting erweitert werden, um die richtige Konfiguration zu gewährleisten.
Kostenkontrolle automatisieren
Kostenmanagement ist ein zentraler Bestandteil von Cloud-Governance, da unkontrollierte Ausgaben schnell zu einem Risiko für Budgets und Wirtschaftlichkeit werden können. Grundlage ist die Einrichtung von Budgets pro Subscription oder Resource Group, die mit automatischen Benachrichtigungen an FinOps-Teams und verantwortliche Product Owner verknüpft sind. So werden Überschreitungen rechtzeitig erkannt.
Ebenso wichtig ist das kontinuierliche Right-Sizing von Ressourcen. Dabei wird überprüft, ob die eingesetzten Instanzgrößen und Dienste wirklich zur tatsächlichen Nutzung passen. Überdimensionierte Ressourcen lassen sich verkleinern, nicht genutzte Workloads können abgeschaltet werden.
Für planbare und wiederkehrende Lasten bieten sich Reservations und Savings Plans an. Sie ermöglichen, Ressourcen über längere Zeiträume günstiger zu nutzen, wenn die Auslastung stabil bleibt. Dabei ist eine regelmäßige Kontrolle der Coverage (wie viele Workloads abgedeckt sind) und Utilization (wie stark die Reservierungen tatsächlich genutzt werden) entscheidend, um den finanziellen Vorteil auch voll auszuschöpfen.
Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Anomalie-Erkennung. Unerwartete Kostensteigerungen etwa durch Fehlkonfigurationen, vergessene Ressourcen oder Missbrauch können so frühzeitig sichtbar gemacht und adressiert werden.
Nicht zuletzt sorgt eine Tag-basierte Kostenallokation für Transparenz. Wenn Ressourcen konsequent mit Metadaten wie Owner, Business Unit oder Cost Center versehen werden, lassen sich Ausgaben einzelnen Projekten oder Bereichen eindeutig zuordnen. Damit wird Showback (Kostenreporting) oder Chargeback (direkte Weiterverrechnung) möglich, was wiederum das Kostenbewusstsein in den Fachbereichen stärkt.
Kontinuierliches Monitoring und Optimierung
Governance ist nur so wirksam wie ihre Transparenz und Reaktionsgeschwindigkeit. Richtlinien entfalten ihren Wert erst dann, wenn sie kontinuierlich überwacht, bewertet und angepasst werden. Dafür empfiehlt es sich, ein Governance-Workbook einzuführen, das die wichtigsten Perspektiven wie Compliance, Sicherheit, Identität und Kosten bündelt.
Auf dieser Basis lassen sich Kennzahlen und Zielwerte definieren, die eine objektive Bewertung ermöglichen. Dazu gehören zum Beispiel die Policy-Compliance-Rate, die durchschnittliche Zeit bis zur Behebung von Abweichungen, Abweichungen vom Budget oder Indikatoren für die Qualität von Identitäts- und Zugriffssteuerungen.
Für das Monitoring stehen zahlreiche Plattformen und Signale zur Verfügung. Azure Policy liefert Einblick in den Status von Richtlinien und Initiativen, zeigt die Entwicklung von Drift im Zeitverlauf und macht Ausnahmen transparent. Defender for Cloud unterstützt mit Secure Score, regulatorischen Mappings und Empfehlungen, während Microsoft Entra ID Einblicke in Identitätsrichtlinien gibt, etwa über den Secure Score, Access Reviews oder die Wirksamkeit von Conditional Access.
Auch die Kostenkontrolle lässt sich eng einbinden, indem Budgets, Forecasts und Ist-Werte laufend abgeglichen und Anomalien früh erkannt werden. Ergänzend helfen Azure Advisor sowie Service und Resource Health, Optimierungspotenziale und Betriebsereignisse sichtbar zu machen. Mit Azure Monitor lassen sich Metriken, Logs und Traces erfassen, in Workbooks visualisieren und über Alerts an zuständige Stellen weiterleiten. Eine Integration in bestehende ITSM-Systeme wie ServiceNow oder Jira sorgt dafür, dass Abweichungen direkt in den operativen Prozess übergehen.
Für erweiterte Sicherheitsanforderungen kann Microsoft Sentinel genutzt werden, das als SIEM/SOAR-Lösung Signale korreliert, Bedrohungen erkennt, Vorfälle automatisiert bearbeitet und proaktives Hunting ermöglicht.
Die Optimierung folgt dabei einer klaren Logik. Risiken mit hoher Relevanz werden konsequent erzwungen, mit automatischen Korrekturmaßnahmen und klar geregelten Eskalationspfaden. Risiken mit geringerer Auswirkung beginnen im Audit-Modus, sodass zunächst nur Abweichungen sichtbar gemacht und gemeinsam mit den Workload-Teams bewertet werden. Erst in einem zweiten Schritt werden strengere Maßnahmen wie Deny- oder Modify-Richtlinien aktiviert. Eine kontinuierliche Feedback-Schleife stellt sicher, dass Erfahrungen und Erkenntnisse wieder in die Governance zurückfließen, etwa durch die Anpassung von Policy-Statements, Parametern oder Geltungsbereichen. Auch die von Microsoft bereitgestellten Built-in-Policies sollten regelmäßig geprüft und aktualisiert werden, um neue Best Practices oder regulatorische Anforderungen zu berücksichtigen.
Governance wird so zu einem lebendigen Prozess, der nicht nur statische Leitplanken vorgibt, sondern eine ständige Verbesserung ermöglicht. Mit klaren Messgrößen wie einer Policy-Compliance-Rate, kurzen Reaktionszeiten für sicherheitsrelevante Abweichungen, geringen Budgetabweichungen und hohen Quoten bei Identity-Sicherheit und Multifaktor-Authentifizierung wird die Wirksamkeit transparent und überprüfbar. Das Ergebnis ist ein Governance-System, das dauerhaft anpassungsfähig bleibt und die Cloud-Nutzung sowohl sicher als auch effizient steuert.
Governance-Kernbereiche in der Praxis
Nachdem Governance-Ziele, Richtlinien und die technische Durchsetzung über Azure Policy definiert sind, wird die Wirksamkeit in sieben eng verzahnten Domänen sichtbar. Jede Domäne verbindet Risiko → Richtlinie → technische Kontrolle → Betrieb und stützt sich auf Policies/Initiatives, Landing-Zone-Strukturen und kontinuierliche Auswertung.
Sicherheit (Zugriff & Exposure)
Identitäten, Berechtigungen und die erreichbare Angriffsfläche bilden die erste Verteidigungslinie in der Cloud. In Microsoft Entra ID sorgen Mechanismen wie Conditional Access und Privileged Identity Management (PIM) dafür, dass privilegierte Rollen nur mit Just-in-Time-Zugriffen genutzt werden können. Auf Ebene der Azure-Ressourcen schränken rollen- und attributbasierte Zugriffskontrollen (RBAC/ABAC) den Wirkungskreis von Benutzern gezielt ein und minimieren so das Risiko von Fehl- oder Missbrauch.
Auch auf Netzwerkebene setzen die Landing Zones klare Leitplanken. Sensible Plattformdienste (PaaS) werden ausschließlich über Private Endpoints angebunden, öffentlicher Netzwerkzugriff ist standardmäßig deaktiviert. Ergänzend werden aktuelle Protokoll- und Kryptostandards wie TLS ab Version 1.2 verpflichtend durchgesetzt und kryptographische Schlüssel regelmäßig rotiert.
Diese Vorgaben werden durch Policies technisch abgebildet. Sie verhindern die öffentliche Exponierung von Ressourcen, erzwingen Private Endpoints oder Firewalls, verpflichten zur Aktivierung von Diagnosefunktionen, lassen nur freigegebene Regionen oder SKUs zu und sichern Key Vaults mit Purge Protection und Firewall-Regeln ab.
Durch diese Maßnahmen sinkt die Angriffsfläche erheblich, ohne dass Entwicklungsteams in ihrer Arbeit blockiert werden. Stattdessen werden sichere Standards automatisch durchgesetzt, sodass Innovation und Schutz gleichermaßen gewährleistet bleiben.
Compliance
Compliance-Anforderungen wie die DSGVO oder ISO 27001 werden in der Cloud nicht nur dokumentiert, sondern durch Policies direkt in die Praxis umgesetzt. Ausgangspunkt sind sogenannte regulatorische Initiatives, also vordefinierte Policy-Sets wie das Microsoft Cloud Security Benchmark, die auf Management-Gruppen oder Subscriptions zugewiesen werden. Defender for Cloud bündelt den Status dieser Initiatives, berechnet den Secure Score, zeigt den Erfüllungsgrad der jeweiligen regulatorischen Standards und weist auf konkrete Abweichungen hin.
Wenn die Anforderungen höher sind, reichen Standardrichtlinien allein nicht aus. In solchen Fällen werden zusätzliche Attestation-Pfade etabliert. Dazu gehören etwa der Einsatz von Confidential Computing oder die Nutzung kundenverwalteter Schlüssel (Customer Managed Keys). Auf diese Weise lassen sich Workloads nachweisbar in konformen Betriebsmodi betreiben und regulatorische Vorgaben lückenlos erfüllen.
Kostenmanagement
Kostenmanagement ist kein optionales Reporting-Add-on, sondern eine zentrale Pflichtaufgabe der Governance. Budgets und Kostenwarnungen werden auf Ebene von Subscriptions oder Resource Groups eingerichtet und mit Forecasts sowie klaren Verantwortlichkeiten verknüpft. Entscheidend ist außerdem die Qualität der verwendeten Ressourcen-Tags. Felder wie Owner, CostCenter oder Environment stellen sicher, dass Kosten transparent zugeordnet werden können und Showback- oder Chargeback-Modelle zuverlässig funktionieren.
Ein wirksames FinOps-Modell setzt darüber hinaus auf die konsequente Beseitigung von Leerlauf- oder verwaisten Ressourcen und auf kontinuierliches Right-Sizing, damit eingesetzte Instanzen dem tatsächlichen Bedarf entsprechen. Für planbare und wiederkehrende Lasten werden Reservations und Savings Plans genutzt. Die Governance überwacht dabei regelmäßig sowohl die Abdeckung (Coverage) als auch die Auslastung (Utilization), um den vollen finanziellen Vorteil auszuschöpfen. Unerwartete Kostensteigerungen oder Auffälligkeiten werden proaktiv über Anomalie-Erkennung adressiert.
Betrieb
Ein stabiler Betrieb in der Cloud entsteht durch standardisierte Diagnostik und klar geregelte Zuständigkeiten. Sämtliche Logs und Metriken werden über Diagnostic Settings zentral in Workspaces gesammelt, sodass sie konsistent ausgewertet werden können. Alarme werden nicht isoliert behandelt, sondern über Action Groups oder angebundene ITSM-Systeme direkt an die Stellen weitergeleitet, die für ihre Bearbeitung verantwortlich sind. Auch Service- und Resource-Health-Daten werden proaktiv verfolgt, damit potenzielle Probleme frühzeitig erkannt und adressiert werden können.
Ressourcenverwaltung
Die Ressourcenverwaltung bildet das organisatorische Rückgrat der Cloud-Governance. Im Zentrum steht der Management-Group-Baum, der sich vom Tenant Root über Plattform- und Landing-Zone-Ebenen bis hin zu Business-Einheiten, Regionen oder einzelnen Umgebungen erstreckt. Diese Struktur sorgt dafür, dass Richtlinien konsistent vererbt werden und Verantwortlichkeiten klar nachvollziehbar sind.
Eine durchdachte Subscription-Strategie trennt Produktions- von Nicht-Produktionsumgebungen, berücksichtigt organisatorische Einheiten und spiegelt regulatorische Anforderungen wider. Innerhalb der Subscriptions sind Resource Groups so angelegt, dass sie sich an Workloads und deren Lebenszyklen orientieren.
Die Leitplanken werden durch Policies gesetzt. Sie definieren zulässige Regionen, Ressourcentypen und SKUs, erzwingen konsequente Naming- und Tagging-Standards und machen die Aktivierung von Diagnosefunktionen verpflichtend. So wird ein konsistenter Rahmen geschaffen, in dem Workloads sicher und effizient betrieben werden können.
Für Transparenz sorgt der Azure Resource Graph. Er ermöglicht eine zentrale Inventarisierung aller Ressourcen und zeigt Abweichungen oder Drift übergreifend auf. Diese Informationen sind sowohl für Audits als auch für gezielte Korrekturen unverzichtbar und machen die Ressourcenverwaltung zu einem zentralen Steuerungsinstrument der Governance.
Datenkontrolle
Die Datenkontrolle ist ein zentraler Bestandteil der Cloud-Governance, da sie den sicheren und regelkonformen Umgang mit Informationen sicherstellt. Mit Microsoft Purview lassen sich Datenquellen inventarisieren und klassifizieren. Dabei wird nicht nur sichtbar, welche Datenbestände vorhanden sind, sondern auch, wie sie miteinander verbunden sind. Sensitivity Labels und Data-Loss-Prevention-Regeln ergänzen diese Klassifizierung und ermöglichen eine einheitliche Behandlung sensibler Informationen.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Datenlebenszyklus. Über Richtlinien werden Aufbewahrungsfristen, Archivierung und die Nutzung von unveränderbarem Speicher (Immutable Storage) durchgesetzt. Auch Verschlüsselung gehört zu den Grundprinzipien dazu. Customer Managed Keys oder Hardware-Sicherheitsmodule (Managed HSM) stellen sicher, dass Daten jederzeit wirksam geschützt sind. Der Einsatz von Transportverschlüsselung gilt dabei als unverzichtbarer Mindeststandard.
Darüber hinaus sorgen Egress-Kontrollen dafür, dass Daten nur über genehmigte Wege das Netzwerk verlassen können. Mechanismen wie Private Link oder dediziert freigegebene Endpunkte verhindern unkontrollierte Datenabflüsse.
Das Ergebnis ist eine belastbare Evidenz, die nicht nur den Anforderungen des Datenschutzes genügt, sondern auch Fachaufsichten und Prüforganisationen jederzeit Nachweise für einen konformen Betrieb liefert.
KI-Governance
Auch für KI-Workloads gelten die allgemeinen Prinzipien der Cloud-Governance, ergänzt um spezielle Responsible-AI-Leitlinien. Ein zentrales Element ist die Absicherung von Inhalten durch Content-Safety-Mechanismen und Filter, die verhindern, dass schädliche oder unangemessene Ergebnisse entstehen.
Bei der Nutzung von Retrieval-Augmented-Generation-Architekturen (RAG) werden die verwendeten Datenquellen dokumentiert, sodass Datenpfade jederzeit transparent und überprüfbar bleiben. Ergänzend sorgt eine Telemetrie über Prompts und Ausgaben dafür, dass Audits möglich sind und Fehlentwicklungen früh erkannt werden.
Die Steuerung der Datenflüsse spielt auch hier eine entscheidende Rolle. Egress-Kontrollen stellen sicher, dass KI-Systeme nur mit freigegebenen Endpunkten kommunizieren und keine unkontrollierten Datenabflüsse entstehen. Um Risiken dauerhaft im Blick zu behalten, werden die eingesetzten Modelle und Prozesse regelmäßig durch Red Teaming getestet und bewertet.
Governance wird dabei nicht nachgelagert, sondern direkt in den Software Development Lifecycle (SDLC) integriert. Gates in Build- und Release-Pipelines stellen sicher, dass Policies und Freigaben verbindlich eingehalten werden. So entsteht ein Rahmen, in dem KI-Workloads verantwortungsvoll, nachvollziehbar und regelkonform betrieben werden können.
Fazit
Die Govern-Phase des Microsoft Cloud Adoption Framework verbindet organisatorische und technische Maßnahmen zu einem klaren Rahmenwerk, das Sicherheit, Kostenkontrolle, Compliance und Innovationsfähigkeit miteinander in Einklang bringt.
Zentrale Erfolgsfaktoren sind dabei ein Governance-Team mit klaren Rollen, ein transparentes Risikoregister, ein konsistenter Policy-Katalog sowie die konsequente Durchsetzung über Azure Policy und Policy-as-Code-Pipelines. Kontinuierliches Monitoring und Feedback-Schleifen stellen sicher, dass Governance nicht statisch bleibt, sondern sich mit den Anforderungen des Unternehmens, regulatorischen Vorgaben und den technischen Möglichkeiten der Plattform weiterentwickelt.
Wer diese Prinzipien befolgt, schafft nicht nur belastbare Leitplanken für die Cloud-Nutzung, sondern auch Vertrauen bei Fachbereichen, Management und Aufsichtsbehörden. Governance wird so von einer vermeintlichen Bremse zum Enabler für sichere und effiziente Innovation in Azure.